Jonathan Isering über Digital Festival und was es braucht, um ein grosses Event zu lancieren

Vom 13. bis 17. September 2017 kommt in Zürich eine interdisziplinäre und zukunftsträchtige Community der digitalen Schweiz zusammen. Wir haben mit Jonathan Isering, Geschäftsführer von Digital Festival, über das Festival, dessen Start, Geschäftsmodell und das Programm von 2017 gesprochen.

 Digital Festival in Zahlen:

  • 5 Tage
  • Rund 3500 Besucher im Jahr 2016
  • 90% der Teilnehmerinnen und Teilnehmer kommen aus der Schweiz

 

Wie und wann ist die Idee entstanden, ein Digital Festival zu lancieren?

Die Idee zum Digital Festival hatte verschiedene Ursprünge. Rasmus Rothe und ich haben mit einem Team 2014 den HackZurich gegründet, der in diesem Jahr zum vierten Mal stattfindet. Der HackZurich hat sich innert kürzester Zeit zu einem der grössten Hackathons in Europa entwickelt und regte auch das Interesse der Öffentlichkeit. Da der HackZurich auf Bewerbung funktioniert, ist es nicht möglich für Leute ohne technologischen Hintergrund daran teilzunehmen. Aus diesem Grund entstand die Vision, ein grösseres Format zu schaffen, welches offen ist für alle mit Interesse an technologischen und digitalen Themen. Zeitgleich kamen wir mit Schoscho Rufener und Manuel Nappo zusammen, die zur selben Zeit an einer ähnlichen Vision arbeiteten. Wir haben uns aufgrund der gleichen Vorstellungen zusammengeschlossen und so im letzten Jahr mit dem ersten Digital Festival gestartet.

 

Wie bringt habt ihr ein Team zusammen, damit ein Festival funktioniert?

Da wir viele Dinge von Grund auf neu starten mussten, gab es kein Patentrezept oder vorgegebene fachliche Qualifikationen für das Team. Vielmehr mussten die Teammitglieder eine Passion für die Themen, Flexibilität und auch eine Lernbereitschaft mitbringen. Wir machen das Digital Festival und den HackZurich mit einem sehr kleinen Team, welches dann in den 6 Monaten vor der Veranstaltung entsprechend vergrössert wird, weil mit der Produktion, Logistik und Koordination viele zusätzliche Arbeiten zu den Laufenden anfallen. Wir konnten sicher auch von der Unterstützung von erfahrenen Teammitgliedern profitieren, kombiniert mit der jungen und agilen Arbeitsweise von den anderen Teammitgliedern. Schon das Gründungsteam bringt einen sehr breiten Hintergrund, verschiedene Erfahrungen und Sichtweisen mit. Das führt zu sehr anregenden Diskussionen und ermöglicht uns auch, ein für die Zielgruppen gerechtes Format zu schaffen.

 

Der Markt ist voll von Events, die um die Aufmerksamkeit von potenziellen Teilnehmern kämpfen. Wo macht ihr den Unterschied? Wie gross ist das Festival von der Teilnehmer-/Besucherzahl und der Geografie der Teilnehmer her.

Grundsätzlich müssen wir beim Festival bestimmt zwischen dem eigentlichen Digital Festival Teil und dem HackZurich unterscheiden. Beim HackZurich erhalten wir jeweils innerhalb von nur zwei Wochen mehr als 5’000 Bewerbungen aus 65 Ländern, von welchen wir dann 550 für die Teilnahme selektieren. Beim Digital Festival können Tickets gekauft werden und ist somit ohne Bewerbung zugänglich. Ich bin überzeugt, dass wir von der Kredibilität des HackZurich und des Gründungsteams sehr stark profitieren konnten. Das Digital Festival wird zu 90% von Schweizer Teilnehmerinnen und Teilnehmer besucht. Über alle 5 Tage besuchen rund 3’500 Personen das Digital Festival.

Wir heben uns in vielen Details auch von anderen bestehenden Veranstaltungen ab. Wir sind der Meinung, dass man Zusammen mehr erreichen kann als Alleine und kooperieren auch mit verschiedenen existierenden und etablierten Formaten und Plattformen. Des Weiteren konnten wir zeigen, dass die Praxis- und Outputorientierung bei uns im Vordergrund steht. Technologien werden erlebbar, Wissen und Erfahrungen gegenseitig geteilt. Wir sehen von einem reinen Unterhaltungsprogramm und der inflationären Nutzung von Buzzwords ab und fokussieren und auf die Praxis und einen nachhaltigen Output. Beim Digital Festival werden die Teilnehmenden aus der Komfortzone gelockt und funktions-, branchen- und hierarchieübergreifend zusammengebracht. Das gibt es so meines Wissens nicht bei vielen Veranstaltungen.

Wie sieht ein Geschäftsmodell des Digital Festivals aus? Ist das Digital Festival ein Event, das sich finanziell selbst tragen kann?

Im Vergleich zu anderen Veranstaltung ist bei uns der Anteil der Sponsoringeinnahmen bedeutend höher als der Anteil der Ticketingeinnahmen. Das hat zwei verschiedene Gründe: einerseits setzen wir auf ein angemessenes und faires Pricing und andererseits haben wir alleine beim HackZurich mehr als 30 Partner. Das Ziel in den ersten Jahren ist, dass wir das Budget jeweils at-cost machen. D.h. wir versuchen nicht mehr auszugeben, als wir einnehmen und konnten das im vergangenen Jahr erreichen. Das wäre natürlich ohne unsere zahlreichen Partner und deren Vertrauen so nicht möglich gewesen.

 

Was wird es diesmal am Festival geben, was es 2016 nicht gegeben hat?

Im Vergleich zum letzten Jahr ist das Programm von 2017 breiter und reichhaltiger. Des Weiteren gibt es viele kleine Verbesserungen, die in der Summe den Unterschied machen. Wir haben sehr viel Zeit in die Gesamtinszenierung investiert, bieten einen Livestream an oder schaffen mit einer neuartigen App eine bessere Information und Vernetzung unserer Teilnehmenden. Eine sehr wichtige Erweiterung in diesem Jahr ist der Miteinbezug der Kreativwirtschaft. Oftmals ist die Kreativwirtschaft Pionierin und Vorbotin von technologischen Trends und es hilft auch, über den Tellerrand zu schauen. Aus diesem Grund bieten wir in diesem Jahr auch Programmbestandteile zu den Themen Digital und Kunst, Musik, Film und dem kreativen Schaffungsprozess. Ein besonderes Highlight ist die Digitalsymphony, ein Pionierprojekt und Loungekonzert, welches wir mit dem Zürcher Kammerorchester, dem Deutschen Pianisten Sebastian Knauer und Produzenten Pantha du Prince realisieren. Ein Experiment sondergleichen, verschiedene Mindsets und Kulturen zusammen zu bringen und klassische Musik mit digitalen Elementen verschmelzen zu lassen.

 

Ich nehme an, ihr habt bei der Lancierung eines so grossen Events mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Oder? Welche sind das und wie geht ihr an diese heran?

Schwierigkeiten und kurzfristige Komplikationen gehören bei der Organisation eines so grossen Events definitiv dazu. Wichtig ist, dass wir so gut wie möglich vorbereitet sind auf allfällige Eventualitäten und auch flexibel, spontan und dennoch überlegt reagieren können. Das erfordert bestimmt auch einen entsprechenden Mindset des Teams. Durch die tatkräftige Unterstützung von allen Seiten gibt es allerdings keine grossen Schwierigkeiten.

 

Wie erreicht ihr potenzielle Teilnehmer für das Digital Festival? Wie sieht eure Vermarktungsstrategie aus?

Wir arbeiten für die Kommunikation und das Marketing mit unserem Partner Contexta zusammen. So können wir auch von der Erfahrung und dem Wissen von Contexta profitieren. Am Ende ist es eine Kombination von verschiedenen Faktoren: offline Kampagnen, online Kampagnen, Social Media und unsere persönlichen Netzwerke. Selbstverständlich helfen dabei auch Medienpartnerschaften, wie wir sie in diesem Jahr zum Beispiel mit SRF, Radio 1, Clearchannel oder der VBZ eingehen konnten. So fährt zum Beispiel während eines Monats eine Digital Festival Tram durch Zürich.

 

Habt ihr noch den Überblick über Projekte, die mit eurer Hilfe gestartet sind, nicht verloren?

Einen vollständigen Überblick zu behalten ist praktisch unmöglich. Wir wissen aus persönlichen Feedbacks von sehr vielen Projekten, Initiativen und Partnerschaften, welche auf unseren Plattformen gestartet oder durch diese ermöglicht wurden. Und ich bin überzeugt, dass dies auch die grosse Stärke des Digital Festivals ist. Aus diesem Grund sehen wir das Digital Festival nicht als eigentliche Veranstaltung, sondern eher als Inkubationsplattform, auf der neue Kontakte geknüpft, Wissen vermittelt und voneinander profitiert werden kann. Die Messbarkeit ist am Ende extrem schwierig, da es unmöglich ist, alle Projekte nachzuverfolgen. Wenn wir uns aber in der weiteren Ausgestaltung darauf fokussieren, die Bedürfnisse der Teilnehmenden, Partner und Involvierten zu erfahren und dementsprechend die Plattform zu gestalten, sehen wir auch zukünftig einen grossen Mehrwert für Alle.

 

Beim Digital Festival dreht sich alles um Innovationen. Wie sieht aus der Perspektive von 2017 die Zukunft aus? Welche innovativen Technologien verändern jetzt die Schweiz?

Ich bin der Meinung, dass es am Ende eine Kombination von verschiedenen Technologien sein wird, welche die Zukunft verändern. Dazu gehören nebst den unternehmerischen und technologischen Elementen auch die gesellschaftlichen, persönlichen und politischen Elemente. Ich bin der Meinung, dass wir in den kommenden Jahren die Digitalisierung nicht mehr als separates Thema betrachten, sondern diese viel mehr ein integrativer Bestandteil in unserem Leben sein wird. Schliesslich stehen nicht nur Technologien im Vordergrund, sondern auch der Umgang und die Adaption dieser von der Gesellschaft.

 

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