Infrachain 2018: Wie es war

Infrachain, die erste Schweizer Blockchain-Konferenz für die öffentliche Verwaltung und Infrastruktur, ging am 3. Dezember über die Bühne. Das Fazit: Die Verwaltung braucht eine Plattform für den Austausch mit Blockchain-Spezialisten sowie verschiedenen Interessengruppen, um sich in der Blockchain-Welt besser orientieren zu können und erste Berührungsängste wegzunehmen. Eine solche Plattform brauchen auch Start-ups sowie Grossunternehmen, die sich ein offenes Ohr für ihre Projektvorschläge und eine Bühne für die Präsentation ihrer Projekte für die Verwaltung wünschen.

Mehrere Unternehmen wie Swisspower, Postfinance, EY, Tezos, Puzzle ITC, CoreLedger, SICPA, Tokengate, B3i oder Elblox haben an der Konferenz ihre Projekte sowie Anwendungsbeispiele für Blockchain vorgestellt. Der Liechtensteiner Regierungschef Adrian Hasler erklärte auch das neue Blockchain-Gesetz, das erstmals das Rechtskonstrukt des «Token» im liechtensteinischen Recht einführt und mit dem die rechtssichere Übertragung der Werte in der realen Welt auf Blockchain ermöglichen soll.  

Von Ueli Maurer, Vorsteher des Eidgenössischen Finanzdepartementes, erfuhren die Teilnehmenden, dass die Schweiz hervorragende Karten habe, beste Voraussetzungen für Unternehmer, Entwickler und Wissenschaftler biete und Blockchain-Anwendungen explodieren werden. Gemäss Jörg Gasser, Staatssekretär für internationale Finanzfragen, der die Arbeitsgruppe Blockchain und ICO leitet, plant die Schweiz «gezielte Anpassungen» im Zivil- und im Finanzmarktgesetz. Ein neues Gesetz für die Blockchain-Branche, wie es bei Liechtenstein der Fall sei, brauche die Schweiz nicht. Er erinnerte auch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, dass es ab 2019 eine neue Fintech-Bewilligung gibt, die eine «Bankenlizenz Light» darstellt. Mit dieser Bewilligung können z.B. Start-ups aus dem Blockchain-Sektor Einlagen in Höhe bis zu 100 Mio. entgegennehmen. Im Bankengesetz wurde darüber hinaus ein Innovationsraum geschaffen, der es Unternehmen ermöglicht, Publikumseinlagen in Höhe von bis zu CHF 1 Mio. regulierungsfrei entgegenzunehmen. Als Hauptaufgabe der Arbeitsgruppe nannte aber Jörg Gasser die Schaffung von Rahmenbedingungen für die Blockchain-Technologie.  

Für die Schweiz als weltweit führender Blockchain-Standort wurde viel Lob ausgesprochen. Es gab aber auch Wünsche. So wünschte sich z.B. Isabella Brom, Gastdozentin an der ZHAW, dass die Schweiz mehr Mut zur Veränderung habe, Veränderungsmöglichkeiten, die die Blockchain-Technologie mit sich bringt, wahrnehme und reale Problemlösungen auf Basis dieser Technologie entwickle. Orkan Sahin, Manager Legal Digital Financial Services bei EY, wünschte sich mehr Datenschutz für ID-Management-Lösungen und plädierte dafür, dass die Nutzer stets Herr ihrer Daten seien. Andri Silberschmidt, Präsident der Jungfreisinnigen Schweiz, war dafür, dass Blockchain-Unternehmen, wenn in der Schweiz zugelassen, keine weitere regulatorischen Hürden in anderen Ländern nehmen müssen. Johannes Schweifer, CEO von CoreLedger AG, der mit seinem Team ein Betriebssystem für die Token-Wirtschaft entwickelt, wünschte sich eine schnellere Reaktion des Regulators auf Anfragen und betonte, dass 12 Monate für die Bearbeitung einer Anfrage eine extrem lange Frist seien.  

Alec von Graffenried, Berner Stadtpräsident, der nach seinen eigenen Worten «Besserwisser-Literatur», d.h. die Literatur von z.B. Richard Precht oder Yuval Harari liest, erinnerte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Ikarus, Faust, Prometeus und Hararis Transhumanismus-Konzept, laut dem der Mensch bald einen neuen Gesellschaftsvertrag mit Künstlicher Intelligenz oder auch die Künstliche Intelligenz ohne den Menschen diesen schliessen wird, warnte aber vor der Angst vor neuen Technologien. Die Blockchain-Technologie interessiere die Stadt Bern und die ganze Hauptstadtregion, was u.a. in der radikalen Vereinfachung der Verwaltungsprozesse, der Digitalisierung der Bevölkerungspartizipation, der Sharing Economy, Infrastruktursteuerung oder dem Open-Data-Management zum Vorschein kommen könnte.

Ludwig Hasler, Philosoph und Publizist, fragte die Teilnehmenden, ob man alles effizienter, logischer, logistischer, rationeller und sicherer machen wolle und wo man als Mensch am Schluss sei. Man könnte nach seiner Überzeugung schnell zum «Ministranten der Maschine» werden. Man müsste sich dessen bewusst sein, dass in der Beziehung Mensch-Maschine der Mensch den Takt angeben solle – auch wenn die Maschine dem Menschen in rationaler Intelligenz überlegen ist.

Wie schnell sich die Blockchain-Technologie weiterentwickelt, wie viele Blockchain-Projekte für die Verwaltung in der Praxis sich bewähren und wie die Rahmenbedingungen für die Blockchain-Technologie funktionieren, wird sich noch hoffentlich zeigen. Vielleicht an der Infrachain 2019.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert